DAS LIESINGER BRAUHAUS

Gutachterliche Stellungnahme zum Denkmalschutz

Die Brauhaus Restauration Liesing wurde 1898 nach den Entwürfen des Ateliers Fellner und Helmer errichtet. Das Büro Fellner und Helmer zählt zu den wichtigsten Büros seiner Zeit, insbesondere durch seine Theaterbauten hat sich das Büro einen europaweiten Namen gemacht.

Durch diese Theaterbauten wurde das Büro Fellner und Helmer ein Pionier seiner Zeit in Fragen der Minimierung von Konstruktion, im Inszenieren und Steuern von Bewegungsflüssen der Besucher und für die Schaffung von räumlichen Identitäten öffentlicher Gebäude.

Fellner und Helmer verwendeten dabei für die Ausbildung der Konstruktion und der Fassadengestaltung gerne Stilelemente aus Renaissance, Barock oder Rokoko. Diese Form der Ausgestaltung von Konstruktions- und Fassadenelementen ist auch bei ihren Warenhausbauten in Wien (insbesondere Warenhaus Schein oder Warenhaus Rothberger I + II) zu sehen.

Die Brauerei

Der Entwurf von Fellner und Helmer versteht die Brauhaus Restauration Liesing zuallererst als öffentliches Gebäude, das städtebaulich prägend mit einem vorgelagerten Platz (=Gastgarten) im städtebaulichen Kontext sitzt.

Der vorgelagerte Platz war das notwendige Bindeglied zur Bebauung der Industrieanlage der Brauerei und dem Einfahrtstor in das Betriebsgelände.

Im Luftbild wird auch die Ausbildung des runden Eckturmes und seines prägnanten Daches als „Ankunftssymbol“ verständlich.

Von diesem Vorplatz (=Gastgarten) erschließt sich dann die Brauhaus Restauration in ihren Ebenen über das Hauptstiegenhaus.

Nachdem das Haus an der Vorder- und Rückseite bedingt durch einen markanten Geländesprung verschiedene Geländehöhen hat, sind die Restaurationssäle in einen unteren (Straßenniveau) und einen oberen Gastgarten niveaugleich eingebunden.

Die markante Fassadenarchitektur von Fellner und Helmer und die bauplastische Ausgestaltung dieser architektonischen Aufgabe war für diesen Ort prägend und hat zusammen mit dem Vorplatz maßgeblich zur Schaffung dieser Identität beigetragen.

Die zahlreichen Postkarten über die Brauhaus Restauration Liesing zeigen diesen kulturellen Wert.

Unsere Stellungnahme

In dem Gutachten des Amtssachverständigen wird für das Objekt „Liesinger Brauhaus – Restauration“ von den Architekten Fellner und Helmer die Unterschutzstellung auf folgende Bereiche des Objektes beschränkt:

  • Äußere Erscheinung
  • Hauptstiegenhaus
  • Nebenstiegenhaus
  • Zwei Büroräume im Erdgeschoß

Die Unterschutzstellung wird von DI. Dr. Wittasek dadurch begründet, dass es sich bei

der Liesinger Brauhaus Restauration um das letzte erhaltene Objekt der ehemaligen Brauereianlage Liesing handelt. Obwohl seit der Erbauung zahlreiche nutzungsbedingte Veränderungen stattgefunden haben, ist an dem Gebäude in seiner Gestaltungs- und Konstruktionsweise der ursprüngliche Entwurfsgedanke der Architekten Fellner und Helmer und die Umsetzung dieser Bauaufgabe durch den Baumeister Josef Maresch an den genannten Teilen des Objektes ablesbar.

Die Anschaulichkeit und Seltenheit als ehemaliger Bestandteil der Brauerei Liesing und die besondere Ausformung der architektonischen Gestaltung begründet den besonderen Stellenwert des Objektes in der Architektur- und Wirtschaftsgeschichte Österreichs und somit die geschichtliche und kulturelle Bedeutung“

Auch wir halten aus diesen Gründen die Argumentation des Amtssachverständigen DI. Dr. Wittasek für inhaltlich richtig und sehen einen Schutz des äußeren Erscheinungsbildes des Hauses als notwendig und gerechtfertigt an. Gleichzeitig schlagen wir jedoch vor, in diesen Schutz des äußeren Erscheinungsbildes den dem Gebäude zugehörigen Platz mit einzubeziehen. Im Rahmen des geänderten Flächenwidmungsplanes ist im Erläuterungsbericht der MA21 dazu festgelegt worden, dass der dem

Gebäude als Teil der Liegenschaft bestehende Vorplatz, der derzeit als Rangier- und Manipulationsfläche für die Reifenfirma genutzt wird, der öffentlichen Verkehrsfläche zugeordnet werden soll, um eine attraktive Platzgestaltung als Entree zum urbanen Bereich des geplanten Projektes zu ermöglichen.“

Damit wird dieser Teil der Liegenschaft de facto vom historischen Bestand getrennt und der Projektentwicklung „Brauerei Liesing“ der Bauträger ARWAG, ÖVW und win4Wien untergeordnet. Diese Absicht halten wir aus denkmalpflegerischer und urbanistischer Sicht nicht für gerechtfertigt. Die Brauhaus Restauration Liesing und der davor liegende Platz sind als gestalterische und funktionale Einheit zu verstehen und darf diese Fläche auf keinen Fall dem Haus entzogen werden, um dann – 90 Grad gedreht – das Vorfeld für die oben angeführte Projektentwicklung zu bilden.

Aus architektonischer Sicht sollten alternative Nutzungen für die derzeitigen Funktionen im Erdgeschoß und für den Vorplatz überlegt werden, um so dem Haus und dem städtebaulichen Kontext den „alten Wert des Vorplatzes“ zurück zu geben.

Hinsichtlich der Unterschutzstellung des Haupt- und Nebenstiegenhauses sowie der zwei Büroräume im Erdgeschoß halten wir eine gemeinsame Begehung mit dem Bundesdenkmalamt für zielführend, um den Umfang der Unterschutzstellung genau festlegen zu können.

Wien, 28.Mai.2011

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